25.09.2009

Der Krake

Schnell waren die vier Boote auf dem Wasser; Ahabs Boot voran, ruderten sie geschwind auf ihre Beute zu. Da tauchte die Erscheinung unter, und mit eingelegten Riemen warteten wir auf ihre Wiederkehr - sieh! an derselben Stelle, an der sie untergesunken war, stieg sie langsam wieder auf. Fast waren alle Gedanken an Moby Dick für diesen Augenblick vergessen; wir staunten stumm das wundersamste Wesen an, das die verschwiegenen Meere je der Menschheit offenbarten.

Eine ungeheure schlüpfrige Masse, wohl an die zweihundert Meter lang und breit, von sahnig weißem Glanz, trieb auf dem Wasser; unzählige lange Arme strahlten von ihrer Mitte aus und schlangen und wanden sich wie ein Knäuel Anakondas, als wollten sie blindlings jedes unselige Geschöpf ergreifen, das sich in ihre Reichweite verirrte. Kein Vorn und Hinten, kein Gesicht war erkennbar, kein faßliches Zeichen von Empfindung oder Instinkt:vor uns auf den Wellen schlängelte sich ein gespenstisch formloses, wesenloses Stück Leben, unergründbar wie der Zufall.

"Moby Dick" - Hermann Melville

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