17.02.2009

zeitlose Vaginas


[...] Ich musste einfach nur meine Fingerspitzen aneinanderlegen und an einige Frauen denken, die ich in meinem Leben gekannt hatte - Frauen mit einer Ausstrahlung wie Jeanne Moreau, Monica Vitti und Anouk Aimêe... Frauen, bei denen nicht nur die Gesichter, sondern auch die Geschlechtsteile beseelt waren mit Eigenleben, Charakter, Charme und Witz... Frauen mit Vulkanvaginas - wie die Vagina von Tessa, die enger als die Deadline der Bild-Zeitung war und beim Sex regelmäßig zu reißen drohte. Oder die Vagina von Katrina, die sich an meinen Schwanz festkrallte wie eine Trapperfalle. Oder die von Eleonarra, die so ungewöhnlich gekrümmt, gefurcht und geriffelt war, dass sie wie Lenins Hirn der Nachwelt in einem Ehrentempel zugänglich gemacht hätte werden sollen. Kurz: Diese Frauen hatten surreale, unvergessene, zeitlose Vaginas - Vaginas, die die Pforte waren zu sexuellen Galaxien (hier spiele man bitte die Raumschiff-Enterprise-Titelmelodie ein!), die nie zuvor ein Mensch betreten hatte. Und selbstverständlich prägten diese Vaginas ihre Besitzerinnen. Es waren reife, schöne, mutige Frauen, geistig klar, frei und rebellisch - [...]


Ich redigierte weiter den Text, während Ilona im Internet herumklickte und dem Drucker Seiten entnahm. "Hör dir das mal an!", sagte ich kopfschüttelnd. "Im noblen Golden-Ginko-Bordell gilt der Grundsatz: Wer dreimal spritzt, bekommt sein Geld zurück. Herr im Himmel, dieser Mirko lügt, dass sich die Thunfisch-Makis biegen." Ich makiere die Passage, zögerte einen Moment - und strich sie, schweren Herzens, zugegeben, denn in ihr schwang auch ein verlockender Utopismus mit, den man sonst nur bei Frühsozialisten wie Proudhon oder Fourier fand.

"Der König von Mexico" von Stefan Wimmer

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